Presse & Bilder

Wer immer ein Erzählung oder einen Roman auf die Bühne bringen will, muss klare Ideen haben, wie und warum. Regisseurin Mélanie Huber und Stephan Teuwissen, der die Textfassung schrieb, haben dies. Sie lassen einfach mal die Hauptfigur weg. Es gibt keinen Bartleby in diesem Bartleby und doch dreht sich zusammen mit dem Bühnenbild alles um diese zentrale Leerstelle. Mal erzählt Bartlebys Chef, mal erscheint er als blinder Fleck in den Handlungen der Kanzleigehilfen oder im Chor aller Figuren. In dieses Spiel der Erzählweisen werden zwei Musiker als gleichberechtigte Spieler mit einbezogen. Und sogar das Bühnenbild passt sich in die Musikalität dieser Aufführung ein. Man lacht, man freut sich an der Sprache und wird doch immer tiefer in eine verwirrende Traurigkeit gezogen. Das ist konzentriert und frisch und eigenständig erzählt und zieht die Zuschauer fein hinein.

Tobias Gerosa (Begründung Einladung zum  Schweizer Theatertreffen 2015) Mehr Info hier

B e r i c h t e

“Musik im Text,  Bilder im Klang” Porträt Mélanie Huber im Tagesanzeiger (& BeZ)

“Der Neinsager” Züri-Tipp

 

K r i t i k e n :

«Ich möchte lieber nicht» Herman Melvilles Geschichte «Bartleby der Schreiber» wird im Schauspielhaus Zürich zum Gegenwartsstück. Robert Ruoff Infosperber

(Zitate in Bälde)

“Tschechow und Melville zur Saisoneröffnung am Schauspiel Zürich” Cornelie Ueding Deutschlandfunk

(Zitate in Bälde)

 


♦ N Z Z
“Herman Melvilles «Bartleby, der Schreiber» im Schauspielhaus Zürich”
Andreas Klaeui

Die junge Regisseurin Mélanie Huber inszeniert Melvilles Meistererzählung am Zürcher Schauspielhaus kongenial und hochgradig musikalisch…

 Bartleby ist ein Phantom. Jedenfalls in Mélanie Hubers Inszenierung in der Schiffbau-Box, in der intelligenten Fassung des Autors und Dramaturgen Stephan Teuwissen. Er tritt nicht auf; er kommt nur vor in den Reaktionen, Kommentaren, Erzählungen der andern. Das ist klug entschieden: Denn Bartleby ist anteilsmässig in uns allen…

 Die Bühne ist karg, eine Ziegelwand, die den lichtlosen Innenhof so beiläufig evoziert wie Bartlebys Verkriechnischen (von Nadia Schrager). Sie lässt sich in- und auseinanderfalten und bietet allerlei Kleinraum für die beschauliche Hektik in der Anwaltskanzlei, in der sich Puter (Ingo Ospelt), Krabbe (Ludwig Boettger) und Keks (Steffen Link) wunderbar verschroben ergehen…

Sie finden sich auch zum Chor, singen erhaben fugiert, dass die Zeit uns alle auslöscht, nehmen sich in einer mokanten kleinen Motette die Floskeln ihres Chefs vor. Insgesamt ist der Abend sehr musikalisch strukturiert, geradezu ein Musiktheater. Der Schlagzeuger und Komponist Pascal Destraz hat einen Soundtrack geschrieben, der die wechselnden Stimmungen augenzwinkernd überhöht oder mit sanfter atonaler Schärfe kontrapunktiert (mit dem Trompeter Fortunat Häfliger) – sehr witzig ist die «Musique concrète», die er mit aufeinanderklackenden oder knirschend sich reibenden Ziegelsteinen erfindet. Es ist fabelhaft, wie gesangssicher sich alle Mitwirkenden zeigen und mit welcher Virtuosität namentlich Fritz Fenne als Anwalts-Erzähler den Text meistert und ihm in allen Valeurs leuchtende Farben verleiht. Fennes Stimme ist für sich ein kleines Zirkusorchester, akrobatisch und agil, und schön zeigt er die philanthropische Selbstgefälligkeit der Figur. Insgesamt macht es den Eindruck, als würden sich Regie und Ensemble mit Melvilles Text grossartig amüsieren, und diese Lust überträgt sich auf das Publikum. Die Schauspieler lassen sich Melvilles Wortwitz auf der Zunge zergehen, nehmen eine Anspielung zum Anlass für eine makabre Grand-Guignol-Nummer, Bartlebys Tod machen sie zu einem veritablen kleinen Oratorium. Das ist klug gedacht, und theatersinnlich gemacht…

♦ seniorweb
Stete Verweigerung
Linus Baur

Eine gelungene Inszenierung Herman Melvilles subversive Geschichte einer Verweigerung ist eines seiner Meisterwerke und einzigartig in ihrer absurden Komik. Der Autor und Dramaturg Stephan Teuwissen hat aus der Erzählung eine exzellente Bühnenfassung gemacht, die zum Auftakt der Theatersaison in der SchiffbauBox des Zürcher Schauspielhauses Premiere feierte. Um es gleich vorwegzunehmen: Die junge Regisseurin Mélanie Huber zeigt eine eindrückliche, in jeder Beziehung gelungene Inszenierung des Stücks, die am Premierenabend lange beklatscht wurde. …

Ein mächtiger Backsteinkubus steht in der sonst kargen Bühnenmitte, der sich im Verlauf des Stücks wundersam öffnet und das Innere des zweistöckigen Bürogebäudes mit zahlreichen schiebbaren Wandtafeln und steilen Treppen freigibt, auf denen laufend stichwortartig das Geschehen gekritzelt wird (Bühnenbild: Nadia Schrader). Eröffnet wird das makabre Spiel wie auf einem Jahrmarkt mit Trompeten- und Paukenmusik, die und weitere Musik- und Gesangseinlagen die Musiker Pascal Destraz und Fortunat Häfliger eigens für das Stück kreiert haben. Was folgt, ist ein groteskes Sprach- und Wortspiel um Bartlebys stete Verweigerung, angereichert mit viel Komik und Klamauk. Geboten wird ein vergnügliches, temporeiches Spiel mit tragischen und heiteren Momenten und hellauf komischen Figuren…

Grosses Lob verdienen alle Darsteller, vorab Fritz Fenne als namenloser Notar. Mit unglaublicher Energie und spektakulärer Mimik und Gestik plappert er in eigener Sache, derweil seine Welt und seine Zeit dank Bartleby mehr und mehr aus den Fugen gerät. Ein grandioser Auftritt, der haften bleibt. Nicht minder grossartig sind die Auftritte von Ingo Ospelt als Puter, Ludwig Boettger als Krabbe und Steffen Link als Keks, die krümelnd und kleksend das Büroleben ad absurdum führen. Eine rundum geglückte Aufführung, deren Besuch sich lohnt.

Volltext: Stete Verweigerung

 

Tagesanzeiger

Warten auf Bartleby – Der Arbeitsverweigerer hat dienstfrei: Mélanie Huber inszeniert «Bartleby, der Schreiber» im Schiffbau ohne Hauptfigur. In die Lücke springt beherzt der Chef …
Die 1981 geborene Zürcher Regisseurin zeigt Bartleby, die Leerstelle – als Leerstelle. In dem Moment jedenfalls, da der Schreiber bei Melville seine Stelle als Aktenkopist antritt, bleibt er bei Huber ein Gespenst, das sich auch jetzt, «an der Schwelle» in die Kanzlei und notabene auf die Theaterbühne, nicht verfleischlicht. Das vielmehr unsichtbar hinter den Paravent gleitet, wo es seine neue Tätigkeit schon bald zugunsten einer umfassenden ­Tatenlosigkeit aufgibt …
Wie in einem Jahrmarkttheater ergötzen sich Regie und Ensemble an der Skurrilität der alten, aber nicht besonders ehrwürdigen Schreiber: am Jähzorn des Puter (lustig: Ingo Ospelt), an den Verdauungsproblemen des Krabbe (lustig: Ludwig Boettger), am Ingwerfetisch des Keks (melancholisch: Steffen Link). …
Fritz Fenne. Als Kanzleichef und Erzähler springt er in die weit gespreizte Lücke zwischen kuriosem Kabinetttheater und pastoralem Pathos – und füllt sie mit einer grossartigen Leistung tatsächlich aus. Allein, wie ihm die Gesichtszüge entfallen, als er bemerkt, dass Bartleby auch nach der Entlassung immer noch am Platz sitzt: Das macht in Sekunden die Panik eines Mannes erlebbar, der spürt, wie komplett er gerade aus dem Leim geht. Und noch in all den nichtigen Versuchen, ruckartig die Fassung zu bewahren, die Haltung anzunehmen, die Sprache zurückzu­gewinnen, vergrössert Fenne nur noch die Macht des Albtraums, der mit seinem neuen Angestellten über ihn gekommen ist.
Am Ende steht er da, «bleich» und «kadaverhaft», wie Melville seinen Bartleby beschrieben hat. Endlich in Fleisch und Blut.

♦ Die Südostschweiz
Geschichte eines Totalverweigerers
Roland Maurer

…Schauspieler und Musiker zelebrieren grosses Theater… Die junge Schweizerin Mélanie Huber inszenierte süffig-tiefgründig. Die Hauptperson tritt physisch gar nicht auf. Ihre Wirkung auf die realen Bühnenfiguren, besonders auf den Chef einer New Yorker Anwaltskanzlei, kommt aber einem Erdbeben gleich. Wie das? Es ist der überaus einleuchtende Trick von Stephan Teuwissen, der aus Herman Melvilles Erzählung eine bestens funktionierende Stückfassung erarbeitet hat.

…Dass Bartleby in Hubers ausgefeilter Inszenierung physisch nicht auftritt, ist eine wunderbare Steilvorlage für die einfühlsam und witzig agierenden Schauspieler… Kongenial auch die herrliche Musik von Pascal Destraz und Fortunat Häfliger, die einen passenden Stimmungsteppich zwischen Jahrmarkklängen und Melancholie für das Bartleby-Panorama auslegen. Das ist schon grosses Theater, präsentiert im sinnigen Bühnenraum von Nadia Schrader…

Das Publikum klatschte begeistert.

 

 

♦ Der Landbote
Träumereien vor der toten Wand
Stefan Busz

Mélanie Huber treibt im Theater ein bisschen Schabernack mit den Figuren aus Herman Melvilles grosser Erzählung…lustig, aber auch sehr traurig. Genau so wie in der Vorlage. Eine Komödie und ein Drama zugleich. Buster Keaton trifft auf Kafka. …

Man folgt Fritz Fenne gerne auf seinen Wegen. Er hat Haltung. Schräger sind die Employés… Sie können jeder an seinem Platz, einen ganzen Katalog von Seltsamkeiten vorführen – und turnen auf der Bühne ein recht exzentrisches Theater vor. Zu schrill scheint manches. Doch dann finden alle wieder in einer Reihe schön stimmig zusammen…

Immer wieder gibt es keine Worte mehr für das, was die Figuren eigentlich sagen wollten. In solchen Momenten singe alle zusammen ein Lied, es ist eine Art Psalm. Und dann ist Bartleby auch ein bisschen in uns. Und he, so macht Theater nicht nur Spass…

 

♦ P.S.
Spott
Thierry Frochaux

Konsequent, in sich stimmig tritt die Hauptfigur in dieser Stückversion überhaupt nicht erst auf. Also bleibt der ganze Spass für Fritz Fenne alias Anwalt und die drei Gehilfen Ingo Ospelt, Ludwig Boettger und Steffen Link, die mit ihren weissen Gesichtern als zu Schabernack aufgelegten Zombies angesiedelt sind. Für Untote sind sie recht agil, ja in ihrer haspelnden Ungelenkheit regelrecht clownesk…

Gepaart mit einem raffinierten und verschieden nutzbaren Bühnenbild (Nadia Schrader) und einem traurigen Häufchen Frohsinn, einer auf zwei Personen geschrumpfte Musikkapelle ergibt das eine leicht morbis angehauchte, lakonisch distanzierte Komik, die trägt und verfängt…

Es geschieht dauernd so vile Kleinräumiges, Angedeutetes und beihnahe Verstecktes gleichzeitig, dass dieser Begriff für einmal keine Übertreibung ist.

Pressebilder: Toni Suter / T+T Fotografie Bartleby, der Schreiber Bartleby, der Schreiber Bartleby, der Schreiber Bartleby, der Schreiber Bartleby, der Schreiber Bartleby, der Schreiber Bartleby, der Schreiber Bartleby, der Schreiber Bartleby, der Schreiber Bartleby, der Schreiber Bartleby, der Schreiber Bartleby, der Schreiber Bartleby, der Schreiber Bartleby, der Schreiber Bartleby, der Schreiber Bartleby, der Schreiber

(Für Probenbilder: siehe hier)